Die Chronik von Jahrsdorf

 

In das Dunkel der Frühgeschichte unserer Gegend läßt sich nur schwer eindringen. Daß unser Gebiet bereits in der vorchristlichen Zeit besiedelt war, künden die Hügelgräber im Layerloh. Ausgrabungen unter wissenschaftlicher Leitung brachten wertvolle Gefäße und andere Gegenstände zum Vorschein, die auf die Zeit von 800 bis 650 vor Chr. zurückgehen. Es kann mit Sicherheit angenommen werden, daß seit dem 5. Jahrhundert vor Chr. die Kelten hier lebten. In der Völkerwanderung wechselte unser Gebiet mehrmals den Besitzer. Im Jahre 531 n.Chr. besiegten die Franken die Bajuwaren und unser Gebiet wurde ein Teil des großen Frankenreiches. Nun beginnt die Christianisierung unseres Gebietes. Im Jahre 741 wurde der hl. Willibald zum Bischof von Eichstätt geweiht. Im Jahre 1143 wird Jahrsdorf -damals Goztorf geheißen -zum erstenmal urkundlich erwähnt. Burggraf Otto von Regensburg stiftete anno 1143 das Zisterzienserkloster Walderbach, dazu geben die Familien der Stein Güter in Hofstetten, Mauck, Rohr, Goztorf, Meckenhausen und Biberbach.

Jahrsdorf war von frühester Zeit an der Sitz edler Herren, Sie nannten sich "die Herren von Jarstorf" und Ihr Geschlecht gehörte zu den meist begüterten, angesehensten und am längsten blühenden.

In dem Steuerverzeichnis der Stadt Hilpoltstein für das Jahr 1500 kommen vier Adelsgeschlechter vor, welche in der Stadt und zwar im Kirchviertel, ansässig waren: die Herren von Ehenheim, die Erlacher (Merlacher), die Bredenwinder und Veit der Jarstorfer, dessen Haus heute noch in Hilpoltstein steht und den Namen "Jahrsdorfer Haus" trägt. Das Geschlecht der Jarstorfer hatte seinen Stammsitz im Pfarrdorf Jarstorf.

In frühester Zeit schrieb man "Gozdürf". Es ist das Dorf des Gozo das heißt des Gottesfesten, denn Güzo war ein Kosenamen für Gotthard. Um das Jahr 1300 wurde die Schreibweise "Gostorffer" gebräuchlich und um 1384 "Jostorffer". Daraus bildete sich dann "Jarstorfer" und endlich wurde "Jahrsdorf" geschrieben, weil man die Herkunft des Ortsnamens nicht mehr kannte und ihn mit dem geläufigeren Wort "Jahr", ist Zeitabschnitt, in Verbindung brachte.

Wie kamen die "Gozdorfer" (Jarstorfer) in unsere Gegend? Wer ist der Urahne dieses Geschlechts? Darauf geben die Geschichtsquellen keine Antwort. Es deutet viel darauf hin, daß die Gozdorfer Vasallen der Eichstätter Fürstbischöfe waren. Vün ihnen erhielten sie bei uns Grund und Boden zugeteilt mit der Erlaubnis, sich ansässig zu machen und einen Herrensitz zu gründen. Dieser hatte wohl die Form eines Maierhofes mit einem unbefestigten Herrschaftshaus. Wir müssen es wohl nordöstlich der Kirche suchen. Das Wappen der Jarstorfer -ein gevierteilter Schild, davon zwei Felder karminrot und zwei hermelinfarben - ist zu sehen im Westschiff des Mortuariums im Dom zu Eichstätt.

Ende des 13. Jahrhunderts war ein Chunrad von Goztorf Domherr in Eichstätt. Der letzte Jarstorfer auf dem Familienbesitz zu Jahrsdorf war Christian mit seiner Gemahlin Agnes, eine geborene Bredenwinder. Nach dem Tode ihres Mannes verkaufte anno 1457 die Wittib Agnes ihren Hof zu Jahrsdorf und bewohnte das "Jahrsdorfer Haus" in Hilpoltstein. 1664 starben die Herren von Jarstorf aus.

Auf der Veste Hilpoltstein, deren Ruine heute noch vorhanden ist, finden wir seit etwa 1150 die Herren und nachmaligen Reichsfreien von Stein. Von den 4 letzten Abkömmlingen dieses Adelsgeschlechtes -den vier Hippolt -erhielt der Ort den Namen Hilpoltstein, während er früher und noch jetzt im Volke nur "Stein" heißt. Die Herren von Stein besaßen die Gegend und Jarstorf zählte zum "Zubehör" der Reichsfreien von Stein.

Als 1385 dieses Geschlecht im Mannesstamm erloschen war, verkauften die Erben Hilpoltstein mit Jarstorf um 16000 fl. ungar. an das Haus Baiern und die verschiedenen Herzöge waren die Landesherren von Jahrsdorf. So blieb es bis 1505. Durch den Kölner Vergleich am 30. Juli 1505 war der Landshuter Erbfügekrieg beendet. Für die Nachkommen Ruperts von der Pfalz und seiner Gemahlin Elisabeth von Baiern-Landshut wurde das Herzogtum Pfalz-Neuburg -die junge Pfalz -mit der Residenzstadt Neuburg a.d.D. gegründet. Die 3 Ämter Hilpoltstein, Allersberg und Heideck bildeten einen Bestandteil dieses Zwergstaates. Zum Amt Hilpoltstein gehörten Jahrsdorf, Mindorf, Patersholz, Eibach, Grauwinkl und Löffelhof. Genannte 3 Ämter wurden am Mittwoch nach den hl. Osterfeiertagen des Jahres 1508 vom Pfalzgrafen zu Neuburg zur Deckung seiner Schulden um 44000 fi (Gulden) an Ritter Ludwig von Hutten als ein landsassengut verpfändet, jedoch schon 1512 ausgelöst. Die stets wachsenden Schulden zwangen den Herzog Ottheinrich, die 3 Ämter neuerdings zu verpfänden. Am 31. August 1542 wurden die 3 Ämter um die Summe von 132000f1 auf 36 Jahre an die freie Reichsstadt Nürnberg hingegeben. Es war die Bedingung vereinbart worden, falls Ottheinrich und seine Erben binnen 36 Jahren nicht alles wieder auslösten, das Recht darauf auf immer verloren wäre. 1578 löste Pfalzgraf Philipp ludwig das ganze Gebiet wieder aus. Nach dem Ableben Maximilians, des letzten Pfalz-Neuburgers, kamen Jahrsdorf, Mindorf, Patersholz, Eibach, Grauwinkl und Löffelhof 1777 mit dem Amt Hilpoltstein zum Kurfürstentum Baiern unter Karl Theodor. 1808 wurde Baiern in 15 Kreise (Bezirke) eingeteilt. Hilpoltstein und sein Gebiet kamen zum Altmühlkreis, irn Jahre 1810 wurde es dem Oberdonaukreis und 1817 dem Rezatkreis eingegliedert. Bei der Neueinteilung des Landes Baiern kam Hilpoltstein mit seinem Gebiet zur Oberpfalz und 1862 zum Bezirksamt Neumarkt. 1880 wurden die baierischen Verwaltungsämter wieder neu organisiert. Hilpoltstein wurde der Sitz eines Bezirksamtes und kam zum Kreis (Bezirk) Mittelfranken. Das Bezirksamt Beilngries, das bisher bei Mittelfranken war, kam zur Oberpfalz 1972 wurde der Kreis Hilpoltstein mit dem Kreis Schwabach vereinigt und der Landkreis Roth daraus gebildet.

Das Dorfbild von früher

Jahrsdorf liegt auf einem, nach Süden abfallenden Hang, dessen Boden lehmig und tonig ist und der geologischen Formation des Lias zugezählt wird. Vom höchsten Punkt in der Gemeindeflur, der sich auf dem ehemaligen Kirchenweg zwischen Jahrsdorf und Grauwinkl befindet, 443 m hoch liegt, sehen wir weit in das Land hinein Nach Osten, Westen und Süden breitet sich die Juralandschaft aus Nach Norden zu liegt das sandige Keuperland.

Von hier aus sind Gebiete der Landkreise Roth, Neumarkt und Weißenburg zu sehen.

Jahrsdorf ist ein Straßendorf. Die Hauptstraße führte früher nicht durch das obere Dorf, das den jüngsten Dorfteil bildet, sondern bog am Sühnekreuz nach Süden ab und verlief den Hohlweg hinab zwischen Hs.-Nr. 21 und Hs.-Nr. 22 (jetzt G 8 und G 10) hindurch. Auf halbem Weg zweigte nach Osten ein Fuhrweg ins mittlere Dorf ab. Das war der Totenweg, weil auf ihm die Toten von Patersholz, Eibach und Grauwinkl zum Friedhof gefahren wurden. Was Jahrsdorf schon immer einen eigenen Reiz verlieh, sind die zahlreichen, durch Hecken abgegrenzten Grasgärten mit einem dichten Bestand von Obstbäumen. Der Obstbaumzucht schenkte man im Mittelalter große Aufmerksamkeit und die Behörden verlangten deren Pflege. Die Jahrsdorfer bewahrten sich die Liebe zum Obstbau. Besonderer Vorliebe erfreuten sich die Nußbäume. Sie waren kennzeichnend für das Orts- und Landschaftsbild. Leider fielen in den letzten Jahrzehnten viele der Axt und der Kälte zum Opfer.

Die erste Form der Besiedelung waren Einöd-Wohnplätze, welche inmitten der dazugehörigen Grundstücke lagen. Die Namen einiger solcher untergegangener Einzelhöfe unseres Heimatdorfes kennen wir. Der Kranzhof lag auf dem Weg von Jahrsdorf nach Pierheim zur Linken. Der Wildenhof wird in den Urkunden des 16. Jahrhunderts als am Wege zwischen Jahrsdorf und Sindersdorf gelegen, angeführt. Der Ganze Hof lag auch am Wege von Jahrsdorf nach Sindersdorf. Die Flurbezeichnung ist heute noch gebräuchlich. Der Volkershof lag am Kirchenweg von Jahrsdorf nach Mindorf. In Flurnamen ist er noch erhalten. Der Krohenhof bestand bis 1877.

Als die einzelnen Sippen größer wurden und die Wirtschafts­verhältnisse sowie die Sicherheit es erforderten, bildete sich das dörfliche Zusammenleben heraus. Das Wohnhaus wurde nach Herkommen gebaut, so wie es der Volksstamm seit Jahrhunderten gewohnt war. So trafen wir in unserem Dorf nach fränkischer Weise das schön gegliederte Fachwerk mit tiefherabreichendem Strohdach, das oft mit einem kleinen Walm geschmückt war. Die Räume für Mensch und Tier waren unter einem Dach. Der Zugang zum Innern des Hauses lag auf der Giebelseite. Die Tenne war mit roten Ziegelsteinen gepflastert. Die Fenster sind niedrig und klein. An Einrichtungsgegenständen barg das alte Bauernhaus so viel des Schönen, Wertvollen und Prächtigen: zinnerne und irdene Teller und Krüge, schöne Öfen, geschmackvoll bemalte Kästen, Truhen, Bettstätten und Kinderwiegen. In der Nähe des Hauses war der Ziehbrunnen. Einfach und dauerhaft war die Kleidung unserer Ahnen, wenigstens soweit sie zur Arbeit angezogen wurde. Sie bestand aus eigenem gemachten Zeug. "Selbst gesponnen, selbst gemacht- ist die beste Kleidertracht"! Jeder Bauer säte damals seinen Flachs und im Winter saß die Bäuerin mit den Töchtern und Mägden allabendlich am Spinnrad. Eine weitere Winterbeschäftigung für die bäuerliche Bevölkerung war der Drusch des Getreides. Viele Tage und Wochen hindurch klapperten vom frühen Morgen bis zum versinkenden Tag die Dreschflegel im Taktschlag auf der Scheunentenne. Der Rhythmus erleichterte die anstrengende Arbeit, die große Fertigkeit verlangte. Unsere Ahnen waren zäh und arbeitsam, aber auch von tiefer und ernster Frömmigkeit. Es verging kaum ein Sonntag und Feiertag, deren gab es vielmehr als heute, der nicht dem Kirchgang diente, um nach Väter Art Gott um seinen Segen zu bitten. An solchen Tagen kamen die schönen, alten Volkstrachten zu ihrem Recht. Auch hier kam die Stammeszugehörigkeit zum Ausdruck. Die meisten Volkstrachten weisen auf das 16. Jahrhundert oder die Zeit vor dem 30jährigen Krieg zurück und haben sich durch die konservative Denkungsart der Bauern bis gegen Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten. Die alte Bauerntracht war sehr teuer, sie war oft ein zur Schau gestellter Besitz.

Noch um die Jahrhundertwende hatte Jahrsdorf ein außergewöhnlich markantes Wahrzeichen: eine uralte Rieseneiche, die weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus bekannt und auch als strategischer Punkt in allen Generalstabskarten eingetragen war. Den Umfang dieses gewaltigen Baumes von fast sechs Metern konnten drei Männer nicht umspannen. Ihr Standort war der heutige Schwärzbierbug an der damaligen Distriktstraße Jahrsdorf -Solar.

Doch im Jahre 1902 hatte ein Unbekannter in einem Anfall von Zerstörungswut die Rinde im unteren Teil des mächtigen Stammes mit einem Beil abgeschält. Gerüchteweise wurde auch der Name des Baumfrevlers genannt, doch man hatte keine Beweise. Die gehegten Erwartungen, daß die Wunden der Eiche keinen Schaden zufügen würden, hatten sich nicht erfüllt, und da der Baum 1904 nicht mehr ausschlug und kein Grün zeigte, beschloß man im Herbst, die Rieseneiche noch vor Weihnachten zu fällen. Im Zimmerermeister Johann Höllfritsch aus Wendelstein hatte man auch einen Käufer gefunden, der 270 Goldmark anbot. Eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, daß damals ein Bauernknecht einen Jahreslohn von 120 bis 140 Mark bekam.

Da aber die Witterung nicht mitspielte, verschob man die Aktion auf das kommende Frühjahr. Im März 1905 war es dann soweit. Sechs Männer waren zwei Tage an der Eiche beschäftigt, bis sie am Nachmittag des 10. März gegen fünf Uhr zu Fall gebracht werden konnte. Der Stamm hatte eine Länge von sechs Metern bei einem Durchmesser von anderthalb Meter.

Am Sonntag, 12. März, war die Rieseneiche das Ziel von vielen Besuchern und Ausflüglern, die dieses Wahrzeichen ein letztes Mal sehen wollten, und Kaufmann August Hoffmann aus Hilpoltstein machte sogar noch Fotos. Zusätzlich fielen noch an: zwölf Klafter Scheit- und Prügelholz, 13 Klafter Eichenstockholz, eine Klafter Nutzholz, geeignet für Büttner, und acht Eichennutzstämme, die sich zu Schweinebarren verarbeiten ließen. Was außer dem Stamm als Kleinholz noch vorhanden war, wurde am 20. März 1905 im Gasthaus von Xaver Bittner versteigert.

Ein Problem bereitete der Transport zum Bahnhof nach Hilpoltstein. Schon das Aufladen des Riesenstammes, er hatte ein Gewicht von 220 Zentnern, war eine mühsame Arbeit. Und dann der Solarer Berg -hier wurde mit allem nur möglichem Bremsmaterial gearbeitet. Wegen Einbruch der Dunkelheit und dem Gefälle beim Buchbinder Schmid in Hilpoltstein wollte man kein Risiko eingehen, und so wurde das Gefährt bei der Apotheke abgestellt, was wiederum viele Zuschauer anlockte. Anderntags wurde dann der Stamm zur Bahn gebracht.

Eine Jahrsdorfer Familie ist noch im Besitz einer alten Ansichtskarte von damals mit markanten Gebäuden des Dorfes. Darauf ist auch die Rieseneiche, wenn auch nur ein Teil, symbolisch abgebildet.

Wirtschaftliche Verhältnisse und Bauernnot

Unsere Vorfahren in und um Jahrsdorf trieben von jeher Landwirtschaft. In zäher, harter Arbeit gewannen sie dem schweren Boden die Früchte ab: Korn, Dinkel, Hafer, Flachs und Kartoffeln. Die Fruchtfolge war bestimmt durch die Dreifelderwirtschaft. Der Viehbestand setzte sich zusammen aus Pferden, Ochsen, Kühen, Schafen, Schweinen, Gänsen und Hühnern. Dementsprechend hielt man auch mehrere Hirten: den Pferde- und Ochsenhirten, den Kuhhirten, den Schweinehirten, den Gänsehirten und den Schäfer. Als Weideplätze standen die großen Espan zur Verfügung und im Herbst die ganze Flur und die Brache.

Die Bauern -einst freie Bauern auf eigener Scholle -hatten im Mittelalter ihre Unabhängigkeit fast ganz eingebüßt. Grund und Boden, den sie bewirtschafteten, war in den Besitz Adeliger, Klöster, Stiftungen oder wohlhabender Privatpersonen gelangt. In Jahrsdorf hatten vorwiegend Besitz die Wolfsteiner, die Herren von Stein, die Herren von Jarstorf, der Fürstbischof von Eichstätt u.a. Das Nürnberger Salbuch des Jahres 1542 zählt für Jahrsdorf 39 Höfe, Güter und Mannschaften, davon gehören 4 der Herrschaft und 1 zum Gotteshaus in Stein, 1 den Chorherren zu Stein, 5 dem Almosen zu Nürnberg, 1 Skt. Katharina Konvent zu Nürnberg, 1 Wolf Stromaier, 2 Hans Rieter, 5 den Nützein zu Nürnberg, 1 dem Gotteshaus Jahrsdorf, 2 sind Eichstättisch gen Mäßing, 2 gegen Seligenporten, 2 den Wolfsteinern, 6 gehören nach Neumarkt, 2 Herzog Wilhelms Lehen, 1 stauferische öde Hofstatt, 1 der Pfarr Häberg und 2 dem Reichsalmosen zu Stein.

Diese Grundherren überließen ihre Güter und Gehöfte den Bauern als ihren Untertanen zur Nutznießung oder wie man damals sagte: sie gaben es zu Lehen hin. Die einst unabhängigen Bauern wurden "Hörige", "Grundholden". Aus dem Erträgnis ihrer Wirtschaft mußten die Bauern Abgaben an ihre Lehnsherren leisten. Eine davon war der "Zehnt". Derselbe bestand, da das Geld noch selten war, in Naturalien: Getreide, Flachs, Obst, Vieh, Schmalz, Käse, Eiern usw. In den einzelnen Orten gab es den Zehntstadel zum Einlagern des Zinsgetreides für den Grundherren. Jahrsdorf hatte deren zwei. Außerdem waren die Bauern ihren Lehnsherren zu vielen persönlichen unentgeltlichen Dienstleistungen verpflichtet was man "fronen" nannte. "Frondienst (Herrendienst)", hierher gehören u.a. die Hand- und Spanndienste sowie der Handlohn oder das Lehnsgeld im Verkaufs- Tausch oder Todesfall. Als die Kassen der Grundherren unter den widrigen Zeitläufen immer leerer wurden, vermehrten und erhöhten sie die Abgaben ihrer "Hörigen" oft um ein Vielfaches. Wasser, Wälder, Weiden, Jagden, die vordem frei waren, nahmen sie für sich in Anspruch und machten sie zu einer neuen Einnahmequelle für sich und zu einer neuen drückenden Last für die Bauern. Diese vermochten kaum mehr ihren Verpflichtungen nachzukommen. Sie mußten auch noch die Abgaben für die Landessteuer aufbringen und die Nahrung für sich und ihre Familien herauswirtschaften. Es hatten sich Verhältnisse herausgebildet, die einem Sklavendienst nicht unähnlich waren. Es muß vermerkt werden, daß manche Grundherren ihre Untertanen gut mitkommen ließen. Es ging die Redensart durch das Bauernvolk: "Unterm Krummstab ist gut leben"!

Bessere Tage brachen für das Bauerntum erst an mit dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Einsichtige Staatsmänner und Fürsten erkannten in diesem Stande die Hauptstütze des Staatswesens und gaben dem Bauernstand die volle Freiheit. Für Baiern war es König Max II. (1848- 1864), welcher durch die Gesetze über Aufhebung und Ablösung der Grundlasten, die Bauern frei machte von vielen Abgaben und Leistungen aus Grund und Boden.

Durch all die Jahrhunderte hindurch hat der Bauer einen harten Kampf um sein Dasein führen müssen. Wenn nun gar die Kriegsfurie durch das Land raste- und das geschah oft im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit -dann zahlte der Bauer an Geld und Gut bis zum Weißbluten an Freund und Feind. Die Landsknechte hausten erbarmungslos in den Höfen. Was nicht genommen wurde, fraß das Feuer. Die untergegangenen Höfe von Jahrsdorf mögen solchen Zeiten zum Opfer gefallen sein. Bei drohender Gefahr, flüchteten die Jahrsdorfer in die befestigte Stadt Hilpoltstein. Für die Aufnahme mußten sie bezahlen. 1632 befand sich Oberst Fugger mit seiner kaiserlichen Reiterei in Hilpoltstein. Seine Soldaten wurden in der Umgebung einquartiert. Sie plünderten die Höfe. Oberst Sperreuter mit seinen raublustigen Reiterscharen war einigemal in unserer Gegend. Einquartierungen waren in Jahrsdorf, Meckenhausen, Sindersdorf und Weinsfeld. Es fanden noch weitere Truppendurchzüge statt. Jede Truppe plünderte, raubte und brandschatzte. Das Vieh trieb man in die Wälder, um es zu retten. Die Menschen versteckten sich, um zu überleben. So manche schwielige Bauernfaust ballte sich und mancher Racheschwur kam über die bärtigen Lippen, doch die Not und das Elend nahmen kein Ende. Die Naturkräfte, welchen der Mensch sich beugen muß, griffen hart in das Bauernleben unseres Dorfes ein. Es kamen nasse Sommer, die ein Reifen und Bergen der Ernte unmöglich machten. Die Folgen waren Hungersnot und Viehsterben. Anhaltende Dürre vernichteten die Ernte, die Mäuse nahmen den Rest, der Bauer schaute sorgenvoll in die Zukunft.

Es würde zu weit führen, wollte man all die Jahre der Mißernten und des Hungers im Einzelnen aufführen. Nur ein paar Jahre seien herausgegriffen. Anno 1650 stand wegen des vielen Regens das Korn bis an die Ähren im Wasser, es verfaulte auf dem Halm. Die Jahre 1770/71 brachten wieder viel Regen und Nässe, die Ernte fiel ins Wasser. Aus Hafer und Wicken wurde Brot gebacken. Selbst zum Stroh nahmen die Leute ihre Zuflucht. Sie mischten es unter den Mehlteig. Über das Jahr 1817 lautet der Eintrag in hiesiger Pfarrmatrikel wörtlich: "Im Monat August war eine so große Not und Teuerung der Lebensmittel, daß jene in den 70er Jahren gar kein Vergleich dazu war. Man war zufrieden, wenn Haferbrot die Hungernden sättigte, wovon aber die Leute so krank wurden, daß sie wie Beräuschte vor Mattigkeit umfielen. Die Stadtleute aßen Disteln und Kräuter als Gemüse".

Schwer gelitten hat unser Ort und die ganze Gegend zur Zeit der Pest. Bei den schlechten hygienischen Verhältnissen des Mittelalters konnte sich diese teuflische Seuche, die meist als Lungenpest auftrat, leicht ausbreiten. Immer wieder zogen Pestepidemien in die Dörfer und Städte ein. Es hieß das "Sterben" und ganze Familien starben aus. Die älteste hiesigen Matrikel lässt erkennen, dass vom September 1586 bis April 1587 die Pest besonders stark in der Pfarrei Jahrsdorf wütete. Vom September 1607 bis Januar 1608 herrschte hier abermals die schreckliche Seuche, gegen die kein Mittel vorhanden war. Am furchtbarsten trat sie bei uns auf von 1634 bis 1636 als Begleiterin des 30jährigen Krieges. Die Todesopfer wurden nicht mehr in das Totenbuch eingetragen. Viele Häuser waren unbewohnt. Die Pfarrer von Ebenried und Hilpoltstein starben an der Pest. Die Verhältnisse in den letzten Jahren des 30jährigen Krieges (1618 -1648) waren so misslich geworden, daß die Bewohner von Jahrsdorf, es war nur noch ein Rest der ehemaligen Bewohner, keinen Pfarrer halten konnten. Da hat die Bevölkerung jener Zeit verstanden, warum die Kirche sie beten ließ:

" Vor Hunger, Pest und Krieg verschone uns, o Herr!"

Religiös-kirchliche und kulturelle Entwicklung

Eine alte Überlieferung will wissen, dass Jahrsdorf der ursprüngliche Pfarrsitz gewesen sei, wozu die Kirche von Stein gehört habe. Urkundliche Anhaltspunkte für diese Annahme fanden sich bisher nirgends. Allerdings scheint aus manchen Erwägungen die Richtigkeit dieser Annahme nicht ganz ausgeschlossen zu sein. Jahrsdorf bildete immer einen festumgrenzten Kirchensprengel mit Grauwink! und hatte stets auch seinen eigenen Friedhof, was auf eine ehemalige Pfarrkirche hinweist. Es besaß das Tauf- und Trauungsrecht, sowie das Recht auf Gottesdienste an allen Sonntagen und Festen des ganzen Jahres. Das sind Begünstigungen, wie sie Filialen gewöhnlich nicht gewährt werden. Merkwürdig ist ferner, daß der Pfarrer zu Stein den größten Teil seines Zehnten aus Jahrsdorf bezog. Daraus könnte man schließen, daß der Zehnt ursprünglich der Kirche Jahrsdorf zukam und erst in einer späteren Zeit auf den Pfarrer in Hilpoltstein übertragen wurde.

Sicher ist, daß Jahrsdorf seit 1400 als ein Filialdorf zur Pfarrei Hilpoltstein gehörte. Der Filiale Jahrsdorf gliederten sich 1535 an: Mindorf, Weinsfeld, Tandl, Lay, mit dem Begräbnis in Mindorf, Patersholz und Eibach, mit dem Begräbnis in Jahrsdorf. Die Mutterpfarrei der neu eingepfarrten Orte war Eysölden im Ansbacher Gebiet, indes sie selbst zu Pfalz-Neuburg gehörten und also nicht zur Annahme der lutherischen Lehre gezwungen werden konnten. Was die genannten Orte mit diesem Schritt abwenden wollten, trat bald darauf ein. Als 1542 das Gebiet von Hilpoltstein, Allersberg und Heideck an Nürnberg verpfändet wurde, ging der Rat der Reichsstadt sogleich daran, in den neuerworbenen Gebieten das katholische Bekenntnis abzuschaffen und die Nürnberger lutherische Kirchenordnung einzuführen. Die Filiale Jahrsdorf mit den dazugehörigen Orten wurde von der Pfarrei Hilpoltstein abgetrennt und zu einer selbständigen Pfarrei erhoben. 1578 löste der Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg die 3 Ämter Hilpoltstein, Allersberg und Heideck wieder aus. Seit 1614 war Herzog Johann Wilhelm der Landes-Herr von Pfalz-Neuburg. Er trat 1613 zum katholischen Bekenntnis über. Zu Weihnachten 1615 gewährte er seinen Untertanen religiöse Freistellung d.h. der Übertritt zur katholischen Kirche war nicht mehr verboten, aber auch von niemand verlangt. 1627 machte er von seinem Recht Gebrauch, die Untertanen seinem eigenen Bekenntnis zuzuführen. Am 17.11.1627 wurde in Jahrsdorf das katholische Bekenntnis wieder eingeführt. Jahrsdorf blieb eine Pfarrei mit den Orten Grauwinkl, Eibach, Patersholz, Mindorf, Weinsfeld, Lay und Tandl als Filialen. 1804 bauten die Ortschaften Weinsfeld, Lay und Tandl für den bisherigen Kooperator in Jahrsdorf ein Haus in Weinsfeld. Diesem Anfang folgte die Errichtung einer Expositur in Weinsfeld 1827 und endlich am 8. Mai 1843 wurde sie zu einer Pfarrkuratie kgl. Patronats erhoben. Ab dem Jahre 1976 wurde die Pfarrei Weinsfeld vom Pfarrer in Jahrsdorf seelsorglich betreut. Seit 1991 besorgt das der Pfarrer von Meckenhausen.

Über die Erbauung des ersten Gotteshauses in Jahrsdorf haben wir keine Unterlagen. Der Umstand, daß es der Mutter Gottes geweiht ist, läßt auf ein hohes Alter schließen. Es darf angenommen werden, daß im 11. Jahrhundert in Jahrsdorf ein Gotteshaus errichtet wurde. Die unteren Geschosse des jetzigen Kirchturmes sind aus dieser Zeit. Die erste Jahrsdorfer Kirche hatte eine Holzdecke und nach Westen zu einen Giebel. Sie war eine Wehrkirche.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde ein neuer Hochaltar beschafft ­wahrscheinlich ein gotisches Flügelaltärchen mit einer Mutter­gottesstatue als Mittelbild, -diese wird identisch sein mit der wertvollen Marienstatue auf dem jetzigen Hochaltar. Das Patrozinium der Kirche traf auf Maria Verkündigung. Die Kirchweih dagegen wurde mit größter Feierlichkeit am Fest Maria Himmelfahrt begangen.

1684 wurde von Pfarrer Johann Forster der "Marianische Liebesbund" gegründet. Papst Innozenz XI. gewährte für das Hauptfest an Mariä Geburt 1687 einen vollkommenen Ablaß allen, welche nach Empfang der hl. Sakramente die Pfarrkriche in Jahrsdorf besuchen und nach Meinung des hl. Vaters die

herkömmlichen Gebete verrichten. Papst Pius VI. dehnte sodann am 19. Mai 1795 diesen Gnadenbeweis für immer auf die 3 höchsten Liebfrauenfeste aus. Zum Hauptfest strömten von nah und fern die Gläubigen herbei. Nach den Eintragungen in der Matrikel wurden am Hauptfest an die 2500 Kommunionen ausgeteilt.

Jahrsdorfer Lied

Da knie ich, Maria. vor deinem Bild.

Mein Herz ist voll Freude und Jubel erfüllt;

Drin flüsterts und klingt es so leise und lind

Du meine Mutter und ich dein Kind!

 

Und wenn man mich fragte, was ich gedacht.

Warum mir das Auge so fröhlich gelacht.

Da säng ich zum Himmel die Worte geschwind'

Du meine Mutter und ich dein Kind!

 

Und kniete ich Stunde um Stunde hier.

Nichts andres. o Jungfrau. sagte ich dier.

Als die Worte. die mir am liebsten sind'

Du meine Mutter und ich dein Kind!

 

Und rings von den blühenden Zweigen all.

Da tönten die Worte im Widerhall;

Und ins Land. da trüg sie der leise Wind'

Du meine Mutter und ich dein Kind

 

Bereits 1700 wurde die Pfarrkirche für baufällig erklärt. 1728 begann der Neubau des Langhauses. Der Turm wurde auch verlängert. Die unteren Geschosse    blieben stehen, das pyramidenförmige Dach wurde abgenommen, ein Achteck aufgemauert und mit einem zwiebelförmigen Dach bekrönt. Die bischöfliche Konsekration der Kirche erfolgte am 9. Oktober 1781 durch Weihbischof Felix von Stubenberg aus Eichstätt. 1794 wurde eine Reliquie des hl. Franz Xaver in die Pfarrkirche gebracht.

In den Jahren 1982/83 wurde die Kuppel des Kirchturms der Pfarrkirche renoviert und der Dachstuhl mit Schieferplatten neu eingedeckt. In der gleichen Zeit wurde eine neue Turmuhr eingebaut, weil durch einen herabfallenden Gewichtsstein das Uhrwerk der alten Uhr völlig zerstört wurde.

Im Jahre 1985 wurden die Außenseiten der Pfarrkirche und des Turmes renoviert. Die Zifferblätter der Turmuhr erhielten einen neuen Anstrich. 1986 wurde die Lourdesgrotte umgesetzt, das Pfarrhaus, das Schulgebäude und das Leichenhaus renoviert. 1987 erfolgte die Kircheninnenrenovierung und eine Generalüberholung der Kirchenorgel.

Im Jahre 1991, mit Beginn des neuen Kirchenjahres, resignierte Pfarrer Michael Holzschuh aus Alters- und Gesundheitsgründen auf die Pfarrei Jahrsdorf. Seit 1955 war er Pfarrer in Jahrsdorf und von 1976 an betreute er auch die Pfarrei Weinsfeld. Viel Lob erntete Pfarrer Michael Holzschuh für seine segensreiche Arbeit in den Pfarreien Jahrsdorf und Weinsfeld.

Leider wurde die Pfarrei Jahrsdorf nicht mehr besetzt. Der Priestermangel war der Grund. Die Pfarrei Jahrsdorf behält ihre Eigenständigkeit, sie wird von der Stadtpfarrei Hilpoltstein seelsorglich betreut.

Im Jahre 1993 wurde der alte Teil des Friedhofes, (der Teil beidseitig der Kirche) umgestaltet.

Seit wann in Jahrsdorf Schulunterricht gegeben wurde, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Sicher ist, daß vor der Reformation kein Schullehrer am Ort war. Um 1542, als Jahrsdorf Pfarrei geworden war, hat man wahrscheinlich auch an die Anstellung eines Lehrers gedacht. Unterrichtet wurde nur im Winter. Nach dem Feste des hl. Martinus wurde mit dem Unterricht begonnen. Der Besuch der Schule war freiwillig. Das Schul- und Mesnerhaus, welches auf der Friedhofsmauer stand, wurde bis 1800 ausschließlich vom "Heiling" unterhalten, dem es auch zu eigen war. Von diesem Schulhaus wird berichtet, daß es 1677 am Einfallen war und 1765 neu gebaut wurde.

Im April 1804 stellten die Vertreter von Mindorf an das Oberschulkommissariat die Bitte, die Schulkinder von Mindorf aus Weinsfeld auszuschulen und der Schule in Jahrsdorf einzuverleiben. Der Bitte wurde stattgegeben mit der Auflage, daß Mindorf Beiträge zum Bau des Jahrsdorfer Schulhauses leistet.

In den Jahren 1836/37 wurde ein neues Schulhaus in Jahrsdorf gebaut und im Herbst 1837 bezogen. Die steigende Zahl der Schulkinder machte 1904 den Bau eines eigenen Schulsaalgebäudes und die Anstellung eines zweiten Lehrers notwendig. Für den Bau des Unterrichtsgebäudes wurden rund 12000 Mark verausgabt. Für die Umwandlung des bisherigen Schulhauses als Lehrerwohnung benötigte man 4000 Mark. Der Staat leistete für beide Bauvorhaben einen Zuschuß von 5000 Mark. Am 1. Januar 1905 wurde die 2. Schulstelle besetzt.

Luftbild von der Kirche und dem Schulhaus, Lehrerwohnhaus und Scheune, um ca. 1925

 

1882 gründeten 34 Bürger von Jahrsdorf die "Freiwillige Feuerwehr". 1898 schlossen sich 50 Bürger zu einem "Obst- und Gartenbauverein" zusammen. 1913 gründeten die "Gedienten" den Kriegerverein. 1914 wurde die Fahne dieses Vereins geweiht. Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Mitgliederzahl dieses Vereins, der sich nun "Krieger- und Kameradschaftsverein Jahrsdorf und Umgebung" nannte stark an. Die Fahne von 1914 wird hoch in Ehren gehalten. Im Jahre 1927 schlossen sich junge, unverheiratete Männer im "Kath. Burschenverein" zusammen. 1928 wurde die schöne Fahne dieses Vereins geweiht. Sie wird heute von Mitgliedern der kath. Landjugend, die die Tradition des Burschenvereins pflegen, bei Festlichkeiten mitgetragen. 30 Jahre später, 1957, gründeten musikbegeisterte junge Männer der Pfarrei eine "Blaskapelle. 1989 legte der Kapellmeister der Jahrsdorfer Blaskapelle, Georg Waltl, nach 30jähriger segensreicher Tätigkeit seinen Dirigentenstab nieder. Er erfuhr von vielen Seiten hohes Lob und Anerkennung. Seine Nachfolge trat Walter Landkammer an. Heute spielen viele Jugendliche und Erwachsene beiderlei Geschlechts ein Musikinstrument. Seit 1975 besteht ein Zweigverein des "Kath. Deutschen Frauenbundes". 1982 gründeten sportbegeisterte Jugendliche den Verein "Sportfreunde Jahrsdorf". Die "Landfrauengruppe" und die "Kath. Landjugendbewegung" bereichern das Vereinsleben der Pfarrei.

Jahrsdorf im 20. Jahrhundert

Mannigfach waren die Aufgaben, die sich in den letzten achtzig Jahren den Bürgern von Jahrsdorf aufdrängten. Es zeugt von Weitsicht und überlegtem Fortschrittswillen, daß die Bewohner des Dorfes den Neuerungen sich nicht verschlossen. Sie prüften das Neue und nahmen an, was brauchbar war. So wurde 1914 das elektrische Licht eingerichtet, einige Jahre später ein Teil der Flur entwässert, 1923/24 wurde die Dorfstraße in Jahrsdorf im Rahmen der Juraerschließung ausgebaut, 1928 wurde eine neue Turmuhr aufgestellt, 1938 kam der erste Ackerschlepper ins Dorf 1946 wurde der Pfarrstadel in ein Jugendheim umgebaut, 4 neue Glocken wurden auf dem Kirchturm installiert, sie wurden mit einem elektrischen Läutwerk in Betrieb gesetzt, 1962 wurde die Ortsdurchfahrt staubfrei gemacht, 2 Schulsäle wurden neu eingerichtet. Um 1963 wurde eine Motorspritze mit Zubehör für die Freiwillige Feuerwehr angekauft, nahezu alle Scheunen und Ställe wurden neu erstellt und viele Wohnhäuser wurden neu gebaut oder umgebaut, 1967 wurde an das Unterrichtsgebäude der Schule ein Trakt angebaut vorzüglich für sanitäre Anlagen, 1967/68 schlossen sich 17 Orte zur "Jahrsdorfer Wassergruppe" zusammen. Es wurde eine leistungsfähige Wasserversorgung errichtet. Die Wassernot, die in trockenen Sommern eintrat, war beseitigt. 1969/70 wurde von der Pfarrei ein im Osten an die Kirche und den Friedhof angrenzendes Anwesen erworben und unter großartiger Mithilfe aller Bürger der gesamten Pfarrei der Friedhof erweitert und ein Leichenhaus errichtet. Im Zuge der Flurbereinigung wurde um Jahrsdorf eine Umgehungsstraße gebaut.

Ebenfalls im Rahmen der Flurbereinigung und in Zusammenarbeit mit der Stadt Hilpoltstein und durch 670 freiwillige Arbeits- und 50 kostenlose Schlepperstunden wurde der Bau eines Sportplatzes ermöglicht. Im Jahre 1983 wurde der Sportplatz eingeweiht und zur Benützung übergeben. Das erste Spiel machten der Stadtrat von Hilpoltstein gegen eine Altherrenmannschaft der Sportfreunde Jahrsdorf. Das Spiel endete 5 : 4 für die alten Herren.

Das Problem der Abwasserbeseitigung wurde 1980/81 durch den Bau einer modernen Anlage gelöst. Die Freiwillige Feuerwehr Jahrsdorf errichtete 1982 ein Gerätehaus und erhielt eine wertvolle Fahne. 1986 wurden in Jahrsdorf und den angrenzenden Orten die Milchsammelstellen und das Raiffeisenlagerhaus in Jahrsdorf geschlossen.

Die Struktur des Ortes hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Es gibt heute keine Knechte und Mägde (Ehhalten) mehr im Dorf. Eine größere Anzahl von Landwirten sind außerhalb des Ortes erwerbstätig in handwerklichen oder industriellen Betrieben. Wir haben nur wenige Vollerwerbslandwirte in den Dörfern. Die Jugend wendet sich handwerklichen Berufen zu oder besucht weiterführende Schulen. Die Betriebe in der Landwirtschaft sind weitgehend mechanisiert. Wo früher 4 Personen arbeiteten, schafft dies heute ein Mann. 1900 zählte Jahrsdorf 48 Hausnummern, 1998 zählt es 79 mit 298 Einwohnern. Ähnlich ist die Entwicklung in den umliegenden Orten. Diese kurze Aufzählung -die nicht vollständig ist- ist ein Beweis dafür, daß die Bürger von Jahrsdorf aktiv waren, die Forderungen der Zeit verstanden und nicht zurückblieben.

Leider sind aus den beiden Weltkriegen 36 junge Menschen aus Jahrsdorf nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt. Nach dem zweiten Weltkrieg mußten weit über 100 Personen, die als Heimatvertriebene in unser Dorf kamen, beherbergt werden. Einige heimatvertriebene Familien wurden in Jahrsdorf seßhaft, andere Familien zogen dorthin, wo sie Arbeit fanden. Am 1. August 1969 wurde der Schulverband Jahrsdorf aufgelöst. Es entstand ein neuer Schulverband Meckenhausen-Jahrsdorf-Weinsfeld. Zugleich wurde das 9. Schuljahr eingeführt. Jetzt wurden die Schulkinder mit Bussen zu den Schulhäusern nach Meckenhausen, Jahrsdorf und Weinsfeld gefahren. Seit 1979 werden die Schüler der 7./8. und 9. Klasse des Schulverbandes in Hilpoltstein unterrichtet. Im Schulhaus in Jahrsdorf wurde bis Juli 1994 eine Klasse des Schulverbandes Meckenhausen von Oberlehrer Heydler unterrichtet. Er war der letzte Lehrer, der im Schulhaus in Jahrsdorf tätig war. Ab dem Schuljahr 1994/95 besuchen alle Schüler und Schülerinnen der Klasse 1 bis 6 des Schulverbandes Meckenhausen im neuen Schulhaus in Meckenhausen den Unterricht.

Ab 1. Januar 1998 ist die Kirchenstiftung der Pfarrei Jahrsdorf Eigentümerin des Schulhauses in Jahrsdorf. Sie hat es von der Stadt Hilpoltstein erworben. Im Frühjahr 2000 wurde hier mit dem Bau eines Pfarrzentrums begonnen.

Die alte Schule, im Januar 2000

 

Am 1. Januar 1972 verlor die Gemeinde Jahrsdorf ihre Selbständigkeit. Im Rahmen der Gebietsreform entschlossen sich die Gemeinde und der Gemeinderat für eine Eingemeindung nach Hilpoltstein. Bei den Unternehmungen, die nach der Eingemeindung in Jahrsdorf gestartet wurden, fand der Ortsteil Jahrsdorf bei der Stadt Hilpoltstein stets Verständnis und Unterstützung.

Jahrsdorf war im Stadtrat in Hilpoltstein von 1978 bis 1990 durch Erwin Baar als Stadtrat vertreten. Er ist Baufachmann und die Baumaßnahmen in Jahrsdorf während seiner kommunalen Tätigkeit wurden durch seine Initiative errichtet. Im folgte als Ortssprecher Peter Hofbeck, sein Nachfolger wurde Alfred Waldmüller.

neues Pfarrheim mit Dorfplatz, im September 2001

 

Quelle:

Festschrift „100 Jahre Obst- u. Gartenbauvereins Jahrsdorf u. U.“

darin enthaltene Chronik u. Dorfgeschichte, die durch

R. i. R. Hans Wild erstellt wurde.

Aufzeichnungen von Pfarrer Gabriel Schiele

Ersteller dieser Dokumentation: M. Harrer, Jahrsdorf Im März 2001